„Wer hätte vor zwanzig Jahren vorauszusagen gewagt, dass die Polkappen schmelzen werden!“

Interview mit Eduard Schild, Gemeindepräsident von Wilderswil

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Anfang März 2009 hatte Ernst Schmitter von Flugplatzinfos Gelegenheit, mit dem Wilderswiler Gemeindepräsidenten Eduard Schild ein Gespräch über den Flugplatz Interlaken zu führen.

Herr Schild, ich möchte Sie, wie Ihre Kollegen von Bönigen und Matten, vor allem zu den Veranstaltungen auf dem Flugplatz Interlaken befragen. Ist der Wilderswiler Gemeinderat mit der gegenwärtigen Situation zufrieden?

Im Grossen und Ganzen ja. Die wenigen Grossveranstaltungen sind zu verkraften. Truckerfestival und Greenfield bringen viel Wertschöpfung und sind deshalb sehr willkommen. Für Schäden auf landwirtschaftlich genutztem Land werden die Landwirte grosszügig entschädigt. Auch der ACS-Autoslalom ist meines Erachtens zumutbar, obwohl er wirtschaftlich wenig bringt.

Während der bisher gemachten Interviews habe ich nie ein sachliches Argument zugunsten des ACS-Autoslaloms gehört. Die Zustimmung zu dieser Veranstaltung wurde nur mit den persönlichen Vorlieben der Verantwortlichen begründet. Das Gleiche gilt für den Oldbiker-Töffträff. Und doch werden diese Veranstaltungen Jahr für Jahr bewilligt. Was sagen Sie dazu?

Als Gemeinde sollen wir ja nur zur Frage Stellung nehmen, ob wir diese Anlässe befürworten können oder nicht. Wir müssen unsere Stellungnahmen nicht begründen. So befürworten wir, was uns attraktiv scheint. Aber ich plaudere kein Geheimnis aus, wenn ich Ihnen sage, dass der ACS-Autoslalom mit grosser Wahrscheinlichkeit vom Flugplatz Interlaken verschwinden wird.

Können Sie mir das erläutern?

Die Leute hier scheinen immer weniger Freude an solchen Events zu haben. Daran ist wohl auch Ihre Propaganda schuld.

Bisher existiert kein Reglement für die Veranstaltungen. Wenn Sie zu einem Gesuch Stellung nehmen müssen, wie gehen Sie vor? Haben Sie gewisse Kriterien, an die Sie sich halten können?

Nein. Wir machen unsere Überlegungen zu jedem einzelnen Gesuch. Beispielsweise müssen wir in diesen Tagen Stellung nehmen zur Frage, ob Air Glaciers während eines Autotreffens im nächsten Sommer Rundflüge durchführen darf. Dem stimmen wir voraussichtlich zu, wie die beiden anderen Gemeinden auch, wenn die Mittagspause von 12 bis 13.30 Uhr respektiert wird.

Geht es um Rundflüge mit Start und Landung in Interlaken?

Ja. Anderswo in der Region wird das ja auch gemacht. Warum also nicht hier?

Gibt es Dinge auf dem Flugplatz – nicht nur Veranstaltungen -, die für Wilderswil eine andere Bedeutung oder andere Auswirkungen haben als für Bönigen und Matten?

Ruag und Rega sind auf unserem Gemeindegebiet. Was die Lärmimmissionen betrifft, so sind die je nach Windverhältnissen sehr unterschiedlich. Manchmal hören wir hier praktisch nichts, während man sich in Bönigen oder Matten aufregt, und umgekehrt.

Ich habe keine weiteren Fragen. Möchten Sie noch etwas loswerden, was Sie bisher nicht sagen konnten, weil ich Ihnen keine entsprechende Frage gestellt habe?

Ich hätte noch allerlei zu sagen, im Zusammenhang mit Dingen, die ich auf Ihrer Website gefunden habe.

Bitte.

Ich schicke voraus, dass Umwelt- und Klimaschutz immer wichtiger werden. Niemand kann das leugnen. Wer hätte vor zwanzig Jahren vorauszusagen gewagt, dass die Polkappen schmelzen oder dass uns hier in der Region Gletscherabbrüche zu schaffen machen werden! Und heute sind wir so weit. Aber was soll z.B. eine Umstellung des Truckerfestivals auf einen Zwei- oder Dreijahresturnus dagegen helfen können? Was soll eine Regelung betreffend Partikelfilter nützen? Nach meiner Meinung bringt das gar nichts. Am Truckerfestival stehen die Fahrzeuge übrigens still, sie fahren nicht.

So wird auf der ganzen Welt argumentiert, wenn es um lokale Einschränkungen zugunsten von Umwelt und Klima geht; und das ist verständlich. Aber wenn es umgekehrt wäre, wenn alle ihren bescheidenen Teil zum Klimaschutz beitragen würden, hätten wir vermutlich weniger Probleme. Ich höre Ihnen weiter zu.

Zu den ökologisch vertretbaren Veranstaltungen: Haben Sie den riesigen Motorfahrzeugtross am Gigathlon zur Kenntnis genommen? Wenn wir übrigens ein Rennen mit tausend Inline-Skatern organisieren würden, würde ich persönlich mit achthundert Autos auf dem Flugplatz rechnen. Und abgesehen davon: Veranstalter, die ökologisch vorbildliche Events organisieren, sind schwer zu finden. Sie wären natürlich herzlich willkommen.

Schliesslich möchte ich noch eine Bemerkung zu Ihren Veranstaltungslisten machen: Nach meiner Meinung sollten Sie in der Unterscheidung von umweltverträglichen und umweltschädigenden Veranstaltungen feiner differenzieren. Eine Beschränkung auf Rot oder Schwarz genügt nicht. Sonst fällt ein Traktorfahrkurs in die gleiche Kategorie wie der Autoslalom. Und die sind nun wirklich nicht vergleichbar.

Danke für die Anregung. Sie wird nicht leicht umzusetzen sein. Und herzlichen Dank für dieses Gespräch.                                                                                                                            

                                                                                      März 2009

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